Die Zukunft heißt Pilz?!

Dokumentation des Pilzworkshops vom 29.10.2022

Reden wir über ein neuartiges, in seinem Ursprung jedoch eigentlich uraltes Baumaterial: Pilze!

Aus dem Myzel, dem Wurzelgeflecht, wird das Rohmaterial gewonnen. Es lässt sich zu den unterschiedlichsten Gebilden formen und kann verschiedene Festigkeiten annehmen. Theoretisch kann es sogar jeder selbst züchten, als Alternative zu Kunststoffen und klimaschädlicher “grauer Energie”. Ist das vielleicht das Wundermaterial der Zukunft?

Dieser Frage gingen 21 Interessierte nach. Am 29.10. fand in Wulkow der Workshop: “Die Zukunft heißt Pilz? Workshop und Kneipentalk zum Thema: Nachhaltiges Gestalten und Bauen mit Pilzen” statt.

Im Laufe des Tages wurde ergründet und ausprobiert, wie zukunftstauglich das Material ist und welche Vorteile es in Hinblick auf klimagerechtes Bauen mit sich bringen kann. Als Referenz wurde von den Teilnehmern gemeinsam eine Pilzwand im ersten Geschoss des Ökospeichers gestaltet.

 

Intro: Pilz-Workshop im Ökospeicher

Der Ökospeicher e.V. ist ein Verein, der sich der Vermittlung und der Förderung eines umweltfreundlichen Lebensstils verschrieben hat. Das Ökospeicher-Gebäude selbst ist ein Beweis für dieses Engagement.

Weiterhin bietet das von Feldern, Wald und Mooren eingeschlossene Dörfchen Wulkow eine erfrischende und inspirierende Umgebung für den Workshop, die es den Teilnehmern ermöglicht, den Kopf freizubekommen, um sich so voll auf das Lernen und die Diskussion einzulassen. Der Ökospeicher bietet Übernachtungsmöglichkeiten auf zwei Etagen und ein Café, das zum Entspannen und geselligen Beisammensein einlädt.

Wir bedanken uns recht herzlich bei dem Projekt Lokale Agenda 21 sowie dem Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg, durch deren Förderung wir in der Lage waren, den Workshop kostengünstig stattfinden zu lassen. Das Projekt wurde gefördert aus Lottomitteln des Landes Brandenburg.

Was ist Myzelium und warum ist es für unsere Zukunft so relevant?

In den letzten Jahren haben Pilze an Aufmerksamkeit gewonnen. Zunehmend wird ihr Potenzial erkannt, als nachhaltige und umweltfreundliche Alternative zu bestimmten Produkten und Materialien eingesetzt zu werden. So kann das Myzel bestimmter Pilzarten zur Herstellung von biologisch abbaubarem Verpackungsmaterial und Dämmstoffen verwendet werden, und Wissenschaftler erforschen die Verwendung von Pilzen für die Herstellung von Biokraftstoffen, Medikamenten, Textilien und anderen Produkten. Insgesamt sind Pilze eine vielfältige und faszinierende Gruppe von Organismen, die in unserem täglichen Leben und in der Umwelt wichtige, aber oftmals versteckte Aufgaben erfüllen. 

Copyright: adege via canva.com

Was ist Myzel?

Pilzmyzel ist der vegetative Teil eines Pilzes, der aus einer Masse von verzweigten, fadenförmigen Hyphen besteht. Das Myzel ist das wichtigste Mittel, mit dem Pilze Nährstoffe aus ihrer Umgebung aufnehmen. Es spielt eine Schlüsselrolle bei der Zersetzung organischer Stoffe.

Pilzmyzel hat das Potenzial, eine wichtige Rolle in einer nachhaltigeren Zukunft zu spielen, da es als Ersatz für umweltschädliche Produkte und Materialien verwendet werden könnte. Da Myzel auf landwirtschaftlichen, industriellen und auch privaten Abfällen gezüchtet werden kann, könnte es schon bald eine unverzichtbare allgegenwärtige Lösung darstellen. Nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip kann es so eine umweltfreundlichere Alternative zu Produkten darstellen, die aus fossilen Brennstoffen oder anderen nicht erneuerbaren Ressourcen hergestellt werden.

Die Fähigkeit von Pilzen, komplexe organische Verbindungen abzubauen, macht sie außerdem wertvoll für die Bioremediation, d. h. den Einsatz von lebenden Organismen zur Beseitigung oder Neutralisierung von Schadstoffen in der Umwelt. Myzel kann zur Beseitigung von Ölverschmutzungen, zur Entfernung von Schwermetallen aus dem Boden und zum Abbau von Pestiziden und anderen giftigen Chemikalien verwendet werden. Es gab sogar erste Versuche, die Mykoremediation an Plastik durchzuführen. 

Die einzigartigen Eigenschaften des Pilzmyzels machen es zu einem vielversprechenden Kandidaten für ein breites Spektrum nachhaltiger Anwendungen, und sein Potenzial, unsere Abhängigkeit von nicht erneuerbaren Ressourcen zu verringern und zur Sanierung der Umwelt beizutragen, macht es zu einem wichtigen Untersuchungs- und Entwicklungsbereich.



Der Workshop - Kennenlernen

Bei schönstem Wetter konnten wir uns alle vor dem Ökospeicher kennenlernen. Dabei halfen Kennenlernspiele das Eis zu brechen und schnell miteinander ins Gespräch zu kommen. Zu den Teilnehmenden gehörten Studierende der Fachbereiche, Bauingenieurswesen, Produktdesign und Architektur, sowie Lehmbauexperten, Solaringenieure und Journalisten, die allesamt eine Fülle von Wissen und Begeisterung auf ihren Gebieten mitbrachten.

Besonderer Dank gilt Friederike Hoberg und Hannah Dziobek, die als Referentinnen des Workshops ihr umfangreiches Fachwissen zu diesem Thema weitergaben. Mein Name ist Ada Matthes und als ehrenamtliches Mitglied des Ökospeicher e.V. und Studentin des Produktdesigns interessierte ich mich besonders für nachhaltige und biologisch abbaubare Materialien. Auf der Suche nach einem solchen Material bin ich auf die Forschung an der TU Berlin und das Projekt “Mind the Fungi“ gestoßen, was meine Neugierde weckte und mich dazu brachte, selbst mit GIY-Kits und Pilzmyzel zu experimentieren.

Durch diesen Workshop konnte ich andere Studierende und Interessierte dazu inspirieren, mehr über das Potenzial von Pilzen als Baumaterial zu erfahren. Ganz gleich, aus welchem Berufsfeld du kommst, wenn du dich für nachhaltige Innovationen interessierst, bin ich überzeugt, dass diese Dokumentation für dich von Nutzen sein wird. Viel Spaß beim Erforschen der einzigartigen Eigenschaften und Möglichkeiten von Pilzen. Ich hoffe, dass dieser Workshop und diese Dokumentation dazu beitragen, Begeisterung zu wecken und die Reise in eine grünere Zukunft greifbarer erscheinen zu lassen.

Die Zukunft heißt Pilz? (Präsentation)

Nach dem Kennenlernen wurde es sich im ersten Obergeschoss des Ökospeichers gemütlich gemacht. Mit Stift und Papier gewappnet, lauschten die Teilnehmer einem Vortrag über Pilze und deren Einsatzmöglichkeiten. Frederike Hoberg und Hannah Dziobek referierten als Expertinnen zu dem Thema und stellten sich den Fragen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

" Pilze bilden ein eigenes Königreich, das Königreich der Funga. Schätzungsweise sechs Millionen Pilze existieren auf der Erde. Sie rangieren von einzellig bis mehrzellig, von sichtbar bis unsichtbar. Und sie haben verrückte Stoffwechselaktivitäten, die wir in der Biotechnologie und der Bioökonomie nutzen können."

- Vera Meyer

Pilze sind eine vielfältige Gruppe von Organismen, die von einzelligen Hefen bis hin zu mehrzelligen Pilzen alles umfasst. Obwohl sie wie Pflanzen aussehen, sind Pilze eigentlich eher mit Tieren verwandt, da sie keine Photosynthese betreiben können und sich von organischen Substanzen ernähren müssen, um zu überleben. Bei diesem als Heterotrophie bezeichneten Prozess werden Enzyme ausgeschüttet, die größere Nahrungspartikel in kleinere Moleküle zerlegen, die von den Pilzen aufgenommen werden können.

  • Die Pilze (Fungi) bilden das dritte große Reich eukaryotischer Lebewesen neben den Tieren (Animalia) und den Pflanzen (Plantae). 
  • Die Wissenschaft, die sich mit Pilzen beschäftigt, nennt man Mykologie.

Es gibt mehrere verschiedene Pilzgruppen, darunter Tröpfchenpilze, Zygomycota, arbuskuläre Mykorrhizapilze, röhrenförmige Mykorrhizapilze und Ständerpilze. Jede dieser Gruppen hat ihre eigenen Merkmale und spielt eine bestimmte Rolle im Ökosystem. So sind beispielsweise Tröpfchenpilze mikroskopisch klein und überwiegend aquatisch, während Zygomycota in der Regel keinen „fleischigen“ Fruchtkörper haben. Arbuskuläre Mykorrhizapilze bilden Mykorrhiza auf Pflanzenwurzeln, während röhrenförmige Mykorrhizapilze eine sackförmige Fortpflanzungsstruktur, den Ascus, besitzen. Ständerpilze hingegen haben eine Fortpflanzungsstruktur, die als Basidium bezeichnet wird.

Trotz ihrer geringen Größe und ihres oft unscheinbaren Aussehens spielen Pilze eine wichtige Rolle im Ökosystem. Eines ist sicher: Ohne Pilz wäre alles nichts. Sie sind für die Zersetzung organischer Stoffe, einschließlich Holz und Überreste toter Tiere, verantwortlich und spielen eine wichtige Rolle im Nährstoffkreislauf der Umwelt. Zudem fungieren Pilze als Nervensystem des Waldes. Vielleicht habt ihr schon einmal vom Wood-Wide-Web gehört?

Das „Wood Wide Web“ ist ein Begriff, der verwendet wird, um das Netzwerk aus miteinander verbundenen Pilzen und Pflanzen zu beschreiben, das in Wäldern und anderen natürlichen Umgebungen existiert. Dieses Netzwerk, das auch als Mykorrhizanetzwerk bekannt ist, wird durch die wechselseitige Beziehung zwischen Pilzen und Pflanzen gebildet, in der die Pilze die Pflanzen mit Nährstoffen und Wasser im Austausch für durch Photosynthese erzeugten Zucker versorgen.

Das Wood Wide Web ist ein komplexes und dynamisches System, das eine entscheidende Rolle für das Funktionieren von Ökosystemen spielt. Die Pilze im Holzgeflecht sind in der Lage, Nährstoffe und Wasser aus dem Boden zu absorbieren und an die Pflanzen weiterzugeben, was deren Wachstum und Gedeihen fördert. Außerdem ermöglicht das Wood Wide Web den Austausch von Informationen und Ressourcen zwischen verschiedenen Pflanzen, sodass diese miteinander kommunizieren und ihr Wachstum und Überleben koordinieren können.

Einer der interessantesten Aspekte des Wood Wide Web ist die Fähigkeit von Pilzen, Nährstoffe über große Entfernungen zu übertragen. Einige Pilze sind in der Lage, ihr Myzel oder Fadengeflecht über weite Gebiete auszubreiten, um weit voneinander entfernte Pflanzen miteinander zu verbinden und ihnen die gemeinsame Nutzung von Ressourcen zu ermöglichen. Dieser Prozess ermöglicht die Erhaltung der Artenvielfalt in Ökosystemen und trägt zur allgemeinen Gesundheit und Widerstandsfähigkeit der Umwelt bei.

Das Verständnis der Rolle und Funktion dieses Netzes kann uns helfen, die komplexen Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Arten in Ökosystemen besser zu verstehen und wirksamere Strategien für die Erhaltung und Bewirtschaftung zu entwickeln. 

Pilze sind ein faszinierender und wichtiger Teil der natürlichen Welt, der von Wissenschaftlern und Liebhabern gleichermaßen erforscht und geschätzt wird und obwohl wir sie schon so lange kennen, wissen wir doch viel zu wenig über sie. 



Wie werden Pilze genutzt? Von Medikamenten und Farbpigmenten (Friederike Holberg)

Friederike Hoberg ist Biochemikerin und Pilzforscherin am Fachgebiet für Angewandte und Molekulare Mikrobiologie der TU Berlin und Mitbegründerin des Start-ups Mycocolors. In ihrem Vortrag zeigte Hoberg auf, wie vielfältig Pilze bereits industriell genutzt werden und wie sie als Biomaterialien in verschiedenen Bereichen eine Revolution erleben.

Pilze werden bereits seit über 100 Jahren zur Herstellung von wichtigen Medikamenten, Enzymen und organischen Säuren verwendet. Heute werden sie jedoch zunehmend als Alternative zu Produkten aus nicht erneuerbaren oder umweltschädlichen Rohstoffen eingesetzt.

Eine der spannendsten Entwicklungen bei der Verwendung von Pilzen als Biomaterialien ist die Möglichkeit, dass sie Verbundwerkstoffe aus landwirtschaftlichen Reststoffen als Nahrungsquelle bilden können. Zu diesem Zweck wird die Netzwerkstruktur des Myzels erforscht. Das Myzel wächst durch die Bildung von Hyphen, dünnen, fadenförmigen Strukturen, die sich vom Hauptkörper des Pilzes ausbreiten. Diese Hyphen scheiden Enzyme aus, die organisches Material abbauen und die daraus resultierenden Nährstoffe aufnehmen. Wenn die Hyphen wachsen und sich verzweigen, bilden sie ein dichtes Netzwerk, das Myzel.

Eine der einzigartigen Eigenschaften des Myzels ist seine Fähigkeit, eine natürliche klebstoffartige Substanz namens Gliotoxin zu produzieren. Diese Substanz hilft dem Myzel, sich an sein Substrat, z. B. Holz oder Erde, zu binden und daran festzuhalten. Außerdem hilft sie dem Myzel, sich vor potenziellen Bedrohungen wie Bakterien und anderen Pilzen zu schützen.

Das Wachstum des Myzels wird von mehreren Faktoren beeinflusst, darunter Temperatur, Feuchtigkeit und die Verfügbarkeit von Nährstoffen. Im Allgemeinen wächst das Myzel am besten in einer feuchten, warmen Umgebung mit einem konstanten Angebot an organischem Material.

Während das Myzel wächst und Nährstoffe aufnimmt, kann es auch reproduktive Strukturen wie Sporen bilden, die sich ausbreiten und keimen können, um neue Pilze zu bilden. Dieser Prozess ermöglicht es dem Pilz, sich zu vermehren und sich in neuen Gebieten auszubreiten, was sein weiteres Überleben und Wachstum gewährleistet. Unterbricht man diesen Prozess der Fortpflanzung und Fruchtkörperbildung vorher und tötet den Pilz durch Hitze, kann das Myzel als Material genutzt werden. Diese Verbundwerkstoffe auf Pilzbasis haben das Potenzial, in Zukunft in der Architektur und in anderen Bereichen eingesetzt zu werden, auch wenn noch weitere Forschungsarbeiten erforderlich sind, um dies zu verwirklichen. 

Um das Potenzial von Pilzen voll auszuschöpfen und es der Gesellschaft zu vermitteln, betonte Frederike die Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit. Im Projekt MY-CO-X haben Architekten, Biotechnologen und Designer zusammengearbeitet, um die Möglichkeiten pilzbasierter Materialien zu erforschen. Das Pilzhäuschen steht heute in der BibliothekBiblothek der Berliner TU und kann dort auch besichtigt werden.

Im Rahmen des Projekts Mycocolors konzentriert sich Hoberg derzeit auf das Potenzial von Farbstoffen auf Pilzbasis. Viele Pilze produzieren natürliche Pigmente, die unter anderem in der Textil-, Lebensmittel- und Kosmetikindustrie eingesetzt werden könnten. Da diese nicht giftig sind, sondern gegenteilig sogar gesundheitsfördernd sein können, könnte das Startup eine echte Alternative zu herkömmlichen Farben bieten.

Insgesamt verdeutlichte Hobergs Vortrag die vielen Möglichkeiten, wie Pilze als nachhaltige Biomaterialien in Zukunft genutzt werden könnten, sowie die Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit bei der Erforschung und Vermittlung ihres Potenzials.

Hannah Dziobek - Myzel als Baumaterial

Hannah Dziobek  stellte in Ihrem Vortrag Myzel als Baumaterial vor und beleuchtete dessen Vor- und Nachteile. Dabei stellte sie ein Szenario auf dem Gutshof in Gutenpaaren vor. Ziel des Projekts war es, ein harmonisches und nachhaltiges Design für den Ort zu schaffen, wobei Myzel als primäres Baumaterial verwendet wurde.

Hannah erläuterte den Bauprozess des Domespace, eines winzigen Hauses auf dem Gelände, bei dem Myzelblöcke für das Fundament verwendet wurde. Sie gab auch einen Überblick über die Materialstudie, die für das Projekt durchgeführt wurde, einschließlich der Zutaten, die zur Herstellung von Myzelmaterialien benötigt werden (Austernpilzmyzel, Mehl, Sägemehl und Wasser), sowie über den Prozess des Wachstums und der Trocknung des Myzels.

Schließlich sprach Dziobek über die Möglichkeiten der mechanischen Bearbeitung der Myzelziegel, einschließlich ihrer einfachen Bohr-, Schleif- und Schneidbarkeit, nachdem sie getrocknet und abgekühlt sind. Sie wies auch auf die Bandbreite an Farben hin, die die Ziegel annehmen können, je nach Substrat, Wachstumszeit und Dichte. Insgesamt bot Dziobeks Vortrag einen gründlichen und aufschlussreichen Einblick in die Verwendung von Myzel als Baumaterial und das Potenzial für nachhaltiges Design.

Fragerunde

In einer spannenden Fragerunde mussten die Experten einige Fragen zum Thema Myzel und dessen Verwendung in verschiedenen Anwendungen beantworten.

Je nach Futtermaterial kann es ein äußerst stabiles Material werden. Es ist bedingt resistent gegen Wasser, Feuer und andere äußere Einflüsse und behält seine strukturelle Integrität über lange Zeit bei. Es ist jedoch zu beachten, dass die Stabilität von Myzel durch die spezifischen Bedingungen, unter denen es angebaut und verwendet wird, beeinträchtigt werden kann, und dass bestimmte Faktoren wie Temperatur und Feuchtigkeit seine Festigkeit und Haltbarkeit beeinflussen können.

Mycelium kann einer Bandbreite von Temperatur- und Feuchtigkeitsbedingungen standhalten und eignet sich daher gut als Dämmmaterial. Auf dem Kompost würde es jedoch nach einiger Zeit von anderen Organismen zersetzt. Wie bei jedem Material ist es jedoch wichtig, die spezifischen Bedingungen zu berücksichtigen, unter denen es verwendet wird, und entsprechende Vorkehrungen zu treffen, um es vor Schäden zu schützen.

Einige Myzelarten können Toxine oder Allergene produzieren, die bei Verschlucken oder Einatmen gesundheitsschädlich sein können. Es ist wichtig, mit Myzel vorsichtig umzugehen und bei der Arbeit die entsprechenden Sicherheitsrichtlinien zu beachten. Allerdings ist das arbeiten mit GIY Kits oder bekannten harmlosen Pilzarten eher ungefährlich. Vor Allem wenn der Pilz abgetötet wurde.

Fruchtkörper oder Pilze sind die Fortpflanzungsstrukturen einiger Pilzarten, einschließlich einiger Myzelarten. Diese Strukturen werden in der Regel gebildet, wenn das Myzel ein bestimmtes Wachstumsstadium erreicht hat und zur Fortpflanzung bereit ist. Nicht alle Myzelarten bilden Fruchtkörper aus, und die spezifischen Bedingungen, die für die Bildung dieser Strukturen erforderlich sind, können sehr unterschiedlich sein. Baut man mit Myzel, unterbindet man die Bildung von Fruchtkörpern, indem man den Pilz mit Hitze tötet.



Normalerweise haben Pilze etwas wie Abwehrstoffe in sich, durch die sie konkurrierende Pilzarten abwehren. Ob in Zukunft Pilzarten gekreuzt werden können, wird sich zeigen.



Viele Materialien auf Mycelbasis gelten als kohlenstoffneutral oder sogar Kohlenstoffnegativ, d. h. sie können während ihres Lebenszyklus mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufnehmen, als sie ausstoßen. Dies macht sie zu einer attraktiven Option für umweltbewusste Verbraucher und kann dazu beitragen, die Auswirkungen des Klimawandels abzuschwächen.

Das spezifische Recyclingpotenzial von Myzel hängt von dem jeweiligen Material oder Produkt ab, in dem es verwendet wird. Einige auf Myzel basierende Materialien können mehrfach recycelt werden, während andere nur einmal verwendet werden können oder eine begrenzte Lebensdauer haben und dann auf dem Kompost entsorgt werden können

Mycelium kann von verschiedenen Quellen bezogen werden. Von kommerziellen Anbietern wie der Firma Evocative und Pilzzuchtshops, die geimpfte Holzsticks verkaufen. Es ist auch möglich, zu Hause eigenes Myzel zu züchten. Dafür schneidet man das Innere eines Pilzes auf, entnimmt eine saubere Probe und züchtet in einer Petrischale das Myzel.



Jein. Bei der Verarbeitung riecht es im Raum eigentlich ganz angenehm nach Wald und Pilz. Wenn die Pilze getrocknet werden, kann das Ganze etwas geruchsintensiver sein. Nachdem sie allerdings getrocknet sind, verfliegt der Geruch und haftet nur noch ganz leicht an dem Produkt. 

Ja, Myzel kann allein oder in Kombination mit anderen Materialien in einer Vielzahl von Anwendungen eingesetzt werden. Einige gängige Verwendungszwecke für Myzel sind die Herstellung von Dämmstoffen, Verpackungen und Baumaterialien sowie die Herstellung von kunsthandwerklichen oder dekorativen Gegenständen. Allerdings gibt es einen Patentkonflikt. Möchte man ein Start-up gründen, oder aus Myzel hergestellte Produkte verkaufen, muss eine Lizenz bei Evocative erworben werden. Das schränkt den Forschungsprozess, deEinsatz und die Erregung von Aufmerksamkeit für dieses wunderbare Material immens ein. In acht Jahren erst würde dieses Patent, welches den grundlegenden natürlichen Prozess des Wachsens von Myzel auf Substrat umfasst, auslaufen. Es soll bereits dagegen Klage erhoben sein. Ob die Kläger es schaffen, dass das Patent aufgehoben wird, bleibt abzuwarten.

Fazit:

Einer der Hauptvorteile des Pilzmyzels ist seine Fähigkeit, zu wachsen und dabei starke, leichte Strukturen zu bilden. Es kann für die Isolierung, Schalldämmung und strukturelle Unterstützung von Gebäuden verwendet werden. Pilzmyzel ist außerdem biologisch abbaubar und erneuerbar, was es im Vergleich zu herkömmlichen Materialien wie Beton oder Stahl zu einem nachhaltigeren Baumaterial macht.

Pilzmyzel hat eine schwammige, weiche Textur und wird in der Regel auf einem Substrat aus organischem Material z.b wie Stroh oder Sägemehl gezüchtet. Es lässt sich in verschiedene Formen bringen und kann mit anderen Materialien kombiniert werden, um Verbundwerkstoffe mit verbesserten Eigenschaften zu schaffen.

Einer der Hauptnachteile der Verwendung von Pilzmyzel als Baumaterial ist, dass es noch relativ neu und in der Bauindustrie noch nicht erprobt ist. Es gibt nur wenige Untersuchungen über seine langfristige Haltbarkeit und Leistung unter realen Bedingungen. Überdies benötigt Pilzmyzel besondere Wachstumsbedingungen und muss in einer sterilen Umgebung gezüchtet werden.

Insgesamt ist die Verwendung von Pilzmyzel als Baumaterial eine nachhaltigere, umweltfreundlichere und kommerziell lohnende Alternative zu herkömmlichen Materialien. Es sind jedoch noch weitere Forschungs- und Entwicklungsarbeiten erforderlich, um seine Eigenschaften und möglichen Anwendungen als Material vollständig zu verstehen.

Fungi Start-ups

Nach dem gemeinsamen Mittag und einer anschließenden Aufwärmrunde wurden die Teilnehmer gebeten, sich eine Person vorzustellen und zu präsentieren. Post-its mit einer kurzen Beschreibung der Personas wurden dann auf die Fachwerksbalken geklebt und die Teilnehmer wurden in Gruppen aufgeteilt. Jede Gruppe wanderte nun von Balken zu Balken und hatte jeweils eine Minute Zeit, um Probleme der Personas im Kontext des Klimawandels zu ergänzen. Nach Abschluss dieser Übung sollten die Teilnehmer Lösungen für diese Probleme finden, indem sie ein imaginäres Pilz-Startup gründeten. Zur Unterstützung dieser Aufgabe wurden den Gruppen verschiedene Methoden vorgestellt, wie der goldene Kreis und der NABC. Die Gruppen brachten eine Vielzahl von Gründungsideen ein, wobei die beliebtesten Ideen in Zusammenhang mit der Mykoremediation standen. Interessanterweise wurden grandiose Fungifilter-Startup-Ideen von mehreren Gruppen unabhängig voneinander entwickelt, aber verschieden ausgelegt, ohne dass unter ihnen ein Ideenaustausch stattfand.

Hands-On

Im Hands-On Teil des Workshops wurden die Teilnehmer aufgefordert, eine pilzige Lösung zur Verkleidung einer Wand im ersten Obergeschoss zu erdenken. Das Pilzdesign konnte zwar frei erdacht werden, musste aber ein paar Rahmenbedingungen erfüllen. So sollte die Fläche als Pin-Wand für Arbeitsgruppen fungieren und die Integration von Infografiken ermöglichen. Außerdem sollten die Eigenschaften der Isolation und Sounddämmung kommuniziert werden und die einzelnen Tafeln müssten in den Ofen des Speichers passen, um dort trocknen zu können.

Zu Beginn des Prozesses wurden die Teilnehmer in Gruppen eingeteilt und aufgefordert, Ideen für die Pilzwand zu entwickeln. Diese Ideen wurden dann bewertet und eine endgültige Variante wurde entwickelt.

Sobald der Entwurf feststand, ging es an den Bau. Die Teilnehmer verwendeten Rechtecke als Ausgangspunkt für ihre Platten. Um eine stabile Basis für die Bohrungen und die Befestigung an der Wand zu schaffen, wurden jeweils zwei Holzstücken eingelegt, die das Myzel einwachsen lassen würde. Die Platten wurden nicht glatt, sondern in einem ungleichmäßigen, organischen topografischen Muster geformt. Aussparungen innerhalb dieses Musters dienen als Ablageflächen und bieten Platz für Infografiken. Sie soll künftig als Ausstellungsfläche genutzt werden, um auf wichtige Themen, wie zukunftsträchtiges Bauen und neue Materialien aufmerksam zu machen.

Wie baue ich eine Pilzwand?

Eine Step-by-StepAnleitung.

Wenn man mit Pilzen baut, sollte man sich zuerst fragen, wofür genau man sie nutzen möchte und welche Materialeigenschaften dafür benötigt werden. So müsste ein Stuhl aus Myzel eine deutlich höhere Stabilität und Festigkeit vorweisen als ein Soundpanel oder ein Lampenschirm. Das “Futtermaterial” ist somit von wichtiger Bedeutung.

Im Falle der Ökospeicher Fungiwand bedarf es keiner besonders hohen Stabilität/ Festigkeit. Es muss nicht hart wie Stahl sein, doch fest genug, um waagerecht an der Wand halten zu können.

Unser Material bestellten wir vorab bei Evocative. Es besteht aus einem vorgeimpften Substrat aus Industriehanfresten und eignet sich sehr gut als Dämmmaterial und auch als Verpackungsalternative. (Die fertigen Produkte, die ich bereits aus dem Material hergestellt hatte, erinnerten von der Haptik an Styropor.)

Beim Arbeiten mit Myzelium ist es wichtig, dass keine fremden Bakterien oder Pilze im Substrat konkurrieren. Würde das Substrat verunreinigt sein, könnte der Wachstumsprozess gehemmt werden und darunter würde die Stabilität des Endproduktes leiden. Im schlimmsten Fall wäre das gesamte Material unbrauchbar. Deshalb ist es wichtig, sowohl das Material als auch die Umgebung zu präparieren und alles zu desinfizieren. Wenn man Substrat selbst herstellen/ impfen möchte, sollte man es beispielsweise vorher abkochen (Kaffeesatz kann man wunderbar direkt nach dem Zubereiten nutzen). In unserem Fall mussten wir uns um die Reinheit des Substrates keine Sorgen machen. Jeder Teilnehmer schlüpfte also in Handschuhe und Atemmaske. Tische, Holzstücke, Werkzeug – alles, was potenziell genutzt werden würde, wurde vorher desinfiziert.

Wir beschlossen, eine große Form zu bauen und in der Form die einzelnen Segmente abzutrennen. Dafür wurden dünne Sperrholzplatten zuerst in Frischhaltefolien eingewickelt und auf Tischen platziert. Durch das Folieren würden diese nicht mit dem Pilz verwachsen und könnten auch später noch genutzt werden. Für die Ränder und Abtrennungen wurde die Pappe zugeschnitten und in Folie eingewickelt. 

Man kann Pappe auch für die komplette Form verwenden, allerdings sollte vorher überlegt werden, ob das Objekt später bewegt werden muss. Bei kleinen, leichten Projekten ist eine Pappform völlig ausreichend. Bei größeren sollte auch die Form stabiler sein, weil die Pappe dem Druck und Gewicht sonst nachgeben könnte. Außerdem lassen sich die Sperrholzplatten für weitere Projekte wiederverwenden.

Um das gelieferte und bereits vorgereifte Material in die Form zu bekommen, musste es erst einmal aufgebrochen und klein gebröselt werden. Ein Aufwand, der sowohl Zeit als auch kraftaufwendig ist und den man nicht unterschätzen sollte. Damit die Masse sich besser formen lässt, wurde der mitgelieferte Sculpting-Mix abgewogen und untergemischt.

Anschließend wurde das Material in die Form gekippt und verteilt. Einen Teil des Materials zerbröselten wir aus Platzgründen bereits in der Form. Die Holzstücke wurden in Position gebracht und mit dem Substrat bedeckt. Um das Material besser formen zu können, fanden wir im Prozess heraus, dass etwas mehr Wasser zweckdienlich ist. Am besten immer nur eine Hand mit Wasser benetzen und dann über die Oberfläche streichen. Die Textur wird dann eher etwas Lehm-ähnlich.

 

Nachdem wir mit dem Resultat zufrieden waren, wurde das Kunstwerk mit Frischhaltefolie verschlossen und zum Wachsen stehen gelassen. Je nach Art des genutzten Pilzes gibt es abweichende ideale Bedingungen zum Wachsen. Der Hersteller (Evocative) empfiehlt, die Pilze 2-5 Tage ruhen zu lassen, kein direktes Sonnenlicht und eine ideale Raumtemperatur von 22 Grad. Nach einer Wachstumsperiode von 5 Tagen war unsere Wand komplett mit einem weißen Flaum bedeckt und bereit, getrocknet zu werden.

Um die Pilze am weiteren Wachsen und der Ausbildung von Fruchtkörpern zu hindern, wurden die einzelnen Paneele aus der Form gelöst und jeweils bei 100 Grad 2-4 h getrocknet. Mit einem Thermometer wurde die Kerntemperatur gemessen. Diese sollte min. 70 Grad betragen, um abzusichern, dass die Pilze auch wirklich abgetötet sind. Falls Restfeuchtigkeit am Objekt übrig bleibt und sich fremder Schimmel bilden sollte, empfehlen wir, alles einmal zu desinfizieren und noch einmal zu trocknen.

Die vorher nummerierten Rechtecke wurden nach der Trocknung wieder zusammengesetzt und an die vorgesehene Wand gebracht. Dabei hielten wir das Stück erst an die Wand, zeichneten die in dem Paneel eingewachsenen Holzbalken ein und bohrten Löcher für die Schrauben vor. Dann wurde von der anderen Seite in die Myzelblöcke geschraubt und das Kunstwerk so Schritt für Schritt an der Wand befestigt. Vereinzelt mussten ein paar extra Schrauben in den Pilz getrieben werden. Erstaunlicherweise hielten diese auch ohne Holzstück relativ gut im Myzel. Trotzdem würde ich es empfehlen, Holz oder Ähnliches einwachsen zu lassen, um eine zuverlässige Befestigungsmöglichkeit zu sichern.

Die Wand hängt und kann nun im Ökospeicher betrachtet werden. Infografiken und Informationen zum Projekt werden noch ergänzt.

Feedback

Ich freue mich sehr, dass der Workshop so gut gelaufen ist und dass es allen Spaß gemacht hat, das kreative Potenzial von Pilzen als Baumaterial zu erkunden. Die Ideen der Teilnehmer waren wirklich inspirierend, und es war wunderbar, eine solche Begeisterung und ein solches Engagement für dieses aufregende neue Material zu sehen. Danke auch an alle die nicht dabei waren und sich trotzdem für dieses Material interessieren und sich diese Dokumentation durchgelesen haben. Verteilt die Botschaft und stiftet eure Mitmenschen an, mit Pilzen zu experimentieren. Nur zusammen können wir nachhaltige Utopien Wirklichkeit werden lassen!

Dieses Projekt wurde aus Lottomitteln des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg gefördert.

 

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Impressum

Ökospeicher e.V.:

Vereinsvorstand:

Hannelore Hiekel, Fred Pilarski, Martin Merk (geschäftsführend),

Ina Matthes, Ulrike Raulf, Birke Soukup

Vereinsregister:

AG Frankfurt (Oder), Nr. 403

USt-ID: DE189 231 452

Webseiten-Betreuung: Fred Pilarski

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